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Was ist Antisemitismus? - Eine Zeitreise

14. Juni 2023

Antisemitismus ist in Deutschland glücklicherweise in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Leider heißt das aber nicht, dass es das Problem nicht mehr gibt. Auch heute werden noch viele Menschen aufgrund ihrer Religion ausgegrenzt, benachteiligt oder werden Opfer von Straftaten. Vor allem Antisemitismus wird wieder zunehmend ein Thema. Antisemitische Straftaten sind im Jahr 2021 von 68 auf 88 im Jahr 2022 angestiegen.

Antisemitismus – was ist das?

Als Antisemitismus werden heute alle pauschalen Formen von Judenhass, Judenfeindlichkeit oder Judenfeindschaft bezeichnet. Der Begriff selbst entstand 1879 als Sammelbegriff für alle Anfeindungen von Juden gegenüber und verankerte sich vor allem nach den schrecklichen Ereignissen im zweiten Weltkrieg in der deutschen Sprache. Vertreter und Anhänger des Antisemitismus werden „Antisemiten“ genannt.

Die Antisemitismusforschung unterscheidet vier Hauptformen des Antisemitismus:

  1. christlicher Antijudaismus seit der Spätantike, der Juden vorwiegend aus religiösen Motiven abwertet
  2.  neuzeitlichen Antisemitismus seit der Aufklärung, der den Ausschluss von Juden biologistisch und pseudowissenschaftlich begründet (in Verbindung mit Nationalsozialismus und Rassismus)
  3. den Post-Holocaust-Antisemitismus (PHA) seit 1945, der Juden wegen des Holocaust ablehnt und diesen als Lüge darstellt (Schuldabweisung und Hass)
  4. den auf Israel bezogenen oder antizionistischen Antisemitismus seit 1948, der einen jüdischen Staat ablehnt und Israel vernichtet sehen möchte

Alle vier Formen haben gemeinsam, dass es im Kern religiöse, soziale, politische, kulturelle und verschwörungstheoretische Motive neben- oder miteinander gibt.

Antisemitismus in der Antike

Bereits mehrere hundert Jahre vor Beginn der christlichen Zeitrechnung lässt sich Judenfeindlichkeit nachweisen. Seit 170 v. Chr. gibt es erste niedergeschriebene Aufzeichnungen zu den Verfolgungen des Judentums, die auf dessen Vernichtung abzielten. In der römischen Kaiserzeit spitzte sich die Situation zu, da man dort anfangs Juden mit dem Christentum assoziierte und dieses als Ketzerei gegen die vorherrschende Religion mit verschiedenen Gottheiten ansah.

Dies mündete in der Spitze in der großen Säuberung von Kaiser Diokletian ab dem Jahr 303 n. Chr., welche vieler Opfer brachte. Antike Judenfeindschaft gilt in der Antisemitismusforschung als eine der historischen Wurzeln des Antijudaismus und des Antisemitismus.

Der Antijudaismus

Als „Antijudaismus“ bezeichnet man eine religiös begründete Feindschaft von Christen gegen die jüdische Religion. Ausgangspunkt war die Trennung des Christentums vom Judentum nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahr 70. Weil sich beide Gruppen auf die gleichen biblischen Überlieferungen bezogen und im Römischen Reich zeitweise verfolgt wurden, verschärfte sich ihre Konkurrenz und mündete schließlich in einer Feindschaft seitens einiger ultrareligiöser Christen. Diese Definition umfasst auch den Hass und die Konkurrenz des Islams mit dem Judentum. Einige, vor allem konservative Anhänger des Islams, sahen das Judentum als minderwertig und verachtenswert an.

Beide Konflikte mündeten im Laufe der Zeit in vielen Übergriffen auf Juden in christlich und islamisch geprägten Ländern. Diese Übergriffe gingen von einfachen Beleidigungen, körperlichen Angriffen bis hin zur systematischen Verfolgung, Folterung und Tötung von Menschen mit jüdischem Glauben. Hierbei spielten auch die im Antisemitismus oft bekannten Stereotypen eine Rolle, die jedoch auf einen religiösen Bezug umgemünzt wurden: Juden seien alle geldgierig, betrügen andere Menschen, stecken hinter einer Verschwörung und/oder sind aufgrund anderer Ansichten Ketzer gegen den Gott der jeweiligen Religion und verstoßen somit gegen die Bibel oder den Koran.

Antisemitismus in Deutschland bis 1945

Zu Beginn gab es hauptsächlich den religiös begründeten Antijudaismus. Dieser herrscht in fast allen Fürstentümern, Stadtstaaten und Königreichen im heutigen Deutschland vor. Mit der zunehmenden Verbrüderung und Zusammenschlüsse dieser kleineren Gebilde zu einem größeren, als deutsche Nation bekannten Staat, wandelte sich der Antijudaismus immer mehr von seinem religiösen Ansatz hin zu einem völkischen Antisemitismus.

Juden wurden nicht mehr hauptsächlich wegen ihrer Religion ausgegrenzt, sondern wegen ihrer „Unreinheit“ und ihren „Attributen“ (Geldgier, angebliche Verschwörer), man sah sie schlicht nicht als vollwertige deutsche Staatsbürger an. So kam es zwischen der Kaiserzeit, der ersten deutschen Nationalversammlung und der Gründung des Deutschen Reichs von 1840 bis 1908 immer wieder zu teils systematischen Überfällen und Angriffen auf Juden und Synagogen bzw. deren Geschäfte, meist ohne Konsequenzen für die Täter*innen.

Auf die Spitze wurde der Antisemitismus gehoben, als dieser staatlich verordnet wurde. Nach etwas Ruhe während der Anfangszeit der Weimarer Republik, wurde dieser mit Übernahme der Nationalsozialisten 1933 erstmals staatlich verordnet bzw. aufgezwungen. Juden wurden öffentlich bloßgestellt, verprügelt und deren Geschäfte geplündert. Menschen durften nicht mehr bei Juden einkaufen, ohne selbst Konsequenzen fürchten zu müssen. Mit der Reichspogromnacht wurden Juden endgültig als vogelfrei erklärt und ihre Synagogen niedergebrannt und geplündert - bis zu 1400 Synagogen vielen den Pogromen zum Opfer. Ab 1938 wurden Juden und sogar Menschen mit jüdischer Verwandtschaft systematisch in „Schutzhaft“ genommen und anschließend in Arbeitslager gesperrt, welche kurze Zeit später im Rahmen der „Endlösung“ zu Massenvernichtungslagern umfunktioniert wurden - als Konzentrationslager bekannt. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde das ganze Ausmaß des Grauens bekannt: Bis zu 6,2 Millionen Juden wurden ermordet und viele weitere wurden gefoltert oder verstümmelt.

Antisemitismus in Deutschland nach 1945

Die Judenfeindschaft „nach Auschwitz“ bezieht sich direkt oder indirekt auf die Shoa und wird auch als „Schuldabwehr“-Antisemitismus bezeichnet. Weil sie alte Stereotype der „jüdischen Rachsucht, Gier und Machtausübung“ zu „Holocaustausbeutung“, „nachtragender Unversöhnlichkeit“ und einem angeblichen „Kritiktabu wegen Auschwitz“ aktualisiert, spricht die empirische Forschung dabei nicht mehr vom „sekundären Antisemitismus“.

Mit dem Sieg der Alliierten 1945 über den NS-Staat wurde der Holocaust und der damit verbundene Antisemitismus als deutsche Staatsideologie beendet. In der Bundesrepublik Deutschland wurde Antisemitismus fortan öffentlich geächtet und durch das Grundgesetz klar ausgeschlossen. Antisemitismus bestand in der Bevölkerung innerhalb einer kleinen Gruppe weiter fort. Dies Gruppe glaubt, der Antisemitismus als Begriff diene nur der Diffamierung der nationalen Identität, der Gewährung fortgesetzter Wiedergutmachungs­zahlungen an Israel und der politischen Legitimation von deren Politik im Nahen Osten.

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